Tariftreuepflicht: Auf steigende Löhne dürfen keine Insolvenzen und keine Unterversorgungen der Pflegebedürftigen folgen – bad e. V. fordert ein schnelles Eingreifen der politisch Verantwortlichen!
Essen, 01.09.2022. Von heute an wird es ernst für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige in Deutschland. Die Tariftreuepflicht in der Pflege ist zum 01.09.2022 in Kraft getreten. Das heißt: Pflegeeinrichtungen zahlen ihren Pflege- und Betreuungskräften tarifliche bzw. tarifähnliche Löhne und Gehälter.
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V. hat von Beginn an große Bedenken bezüglich der neuen Gesetzgebung geäußert. In der Kritik steht hierbei nicht die Anhebung der Löhne und Gehälter, sondern die Folgen für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige wegen der nicht ausreichenden Gegenfinanzierung. Aus Sicht des bad e. V. ist ein schnelles Handeln der Politik notwendig, um die pflegerische Infrastruktur in Deutschland und somit auch die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen nicht zu gefährden.
„Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Einführung der Tariftreuepflicht stets betont, dass eine Refinanzierung der entstehenden Kosten selbstverständlich erfolgen werde. Nach monatelangen Verhandlungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern bewahrheitet sich unsere Befürchtung, dass diesen Worten in vielen Fällen noch keine Taten gefolgt sind! Pflegeeinrichtungen sind zwar gesetzlich gezwungen, nunmehr höhere Löhne an die Beschäftigten zu zahlen, die für die Refinanzierung dieser Löhne notwendigen Vergütungssteigerungen stehen aber vielfach noch aus. In zahlreichen Betrieben droht dadurch eine akute Gefährdung der Liquidität“, mahnt Andreas Kern, Bundesvorsitzender des bad e. V.
„Und das ist erst der Anfang: Auf die notwendige Kostensteigerung für Pflegeleistungen folgt nach jetziger Rechtslage, dass die Pflegebedürftigen von nun an weniger Pflegeleistungen einkaufen können. Aus unserer Sicht droht hier eine pflegerische Unterversorgung, insbesondere der ambulant versorgten pflegebedürftigen Menschen in unserem Land“, so Kern weiter.
„Wir begrüßen gute Gehälter für Mitarbeitende in der Pflege ausdrücklich und unterstützen als Verband weiterhin jeden Ansatz, der die Attraktivität der Pflegeberufe steigert. Aber: Es kann nicht sein, dass die hierdurch entstehenden finanziellen Belastungen zum Großteil von Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftigen getragen werden. Wir appellieren darum noch einmal eindringlich an die Verantwortlichen in der Politik, einerseits dafür Sorge zu tragen, dass die vor Inkrafttreten des sog. Tariftreuegesetzes versprochene Kompensation für gestiegene Personalkosten auch tatsächlich von den Kostenträgern geleistet wird. Ferner brauchen auch die Pflegebedürftigen finanzielle Entlastung, um Pflegesachleistungen weiterhin in gleichem Umfang bezahlen zu können. Die Folge der Tariftreuepflicht darf nicht sein, dass pflegebedürftige Menschen vermehrt der Sozialhilfe bedürfen. An einer umgehenden Anhebung der Sachleistungsbeträge führt deshalb aus unserer Sicht kein Weg vorbei, wenn die pflegerische Versorgung in unserem Land weiterhin auf dem aktuell hohen Niveau erfolgen soll“, mahnt Andrea Kapp, Bundesgeschäftsführerin des bad e. V.
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V. mit seinem Hauptsitz in Essen wurde 1988 gegründet. Er vertritt die Interessen von bundesweit über 1500 zumeist privat geführten Pflegediensten und -einrichtungen und stellt damit einen der großen Leistungserbringerverbände in der Wachstumsbranche Pflege und Betreuung dar. Ziel seiner Arbeit ist es, die Qualität und die Bedingungen der Leistungserbringung der ambulanten und stationären Pflege zu verbessern: und zwar gleichermaßen für die Unternehmen, die Pflegenden und die Pflegebedürftigen. Der bad e. V. mit seinen Landesorganisationen führt Verhandlungen unter anderem zu Vergütungsbedingungen für Pflegedienste und Pflegesätze für Heime. Der bad e. V. ist in den wichtigen Beratungsgremien in Berlin vertreten und wird zu Änderungen pflegerelevanter Gesetze angehört. Zudem müssen die Landesorganisationen zu geplanten Landesgesetzen und -vorschriften gehört werden. Diese haben seit der Föderalismusreform im Pflegebereich erheblich an Bedeutung gewonnen.
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Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V.
Andrea Kapp, RA‘in
Bundesgeschäftsführerin, Qualitätsbeauftragte (TÜV)
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