bad e.V. sieht drohende Unterversorgung in der Pflege

Essen, 01.04.2022. Die Einführung der sogenannten „Tariftreuepflicht“ zum 1. September 2022 geht mit großen Unsicherheiten für die Arbeitgeber in der Pflegebranche einher: Ab diesem Zeitpunkt dürfen tarifungebundene Pflegeeinrichtungen dann das „regional übliche Entgeltniveau“ bei der Entlohnung ihrer Beschäftigten in der Pflege oder Betreuung nicht unterschreiten oder müssen den Beschäftigten in der Pflege oder Betreuung die Entgelte eines Tarifvertragswerkes zahlen. Die Entscheidung darüber, wie sie ihre Pflegekräfte künftig entlohnen sollen, müssen Arbeitgeber schon sehr bald treffen. Bis spätestens zum 30.04.2022 haben sich alle Pflegeeinrichtungen dazu zu erklären.

„Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. begrüßt ausdrücklich auskömmliche Löhne und steht auch einer tariflichen Regelung nicht entgegen. „Jedoch sind die Umstände, unter denen die Unternehmer in der Pflege eine derart weitreichende und existenzielle Entscheidung treffen müssen, alles andere als geklärt. Weder sind die von den Landesverbänden der Pflegekassen in allen Bundesländern veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in irgendeiner Weise überprüfbar, noch ist den Betreibern von Pflegeeinrichtungen die Höhe der Refinanzierung bekannt. Transparenz? Fehlanzeige!“, resümiert Andrea Kapp, Rechtsanwältin und Bundesgeschäftsführerin des bad e. V..

Dazu kommt: Höhere Löhne in der Pflegebranche führen zwangsläufig zu gestiegenen Kosten für die Pflegesachleistungen insgesamt und damit sind auch die pflegebedürftigen Menschen unmittelbar betroffen. „Wenn bei steigenden Vergütungen in der Pflege nicht gleichzeitig auch die Sachleistungs-Budgets angepasst werden, entsteht für die Betroffenen eine Versorgungslücke: Sie werden eher auf Leistungen verzichten, als selbst Geld in die Hand zu nehmen, um gestiegene Pflegekosten auszugleichen“, meint Andreas Kern, Bundesvorsitzender des bad e. V. und Betreiber mehrerer Pflegeeinrichtungen.

Und dabei liegt die Lösung doch auf der Hand: Der Gesetzgeber müsste die Pflegesachleistungen der Pflegebedürftigen entsprechend den steigenden Kosten anpassen.

Steigende Kosten lassen eine Unterversorgung befürchten

Kapp weiter: „Der bad e. V. hat vor drohenden Versorgungslücken ausdrücklich von Anfang an gewarnt und gefordert, dass die Sachleistungsbudgets für Pflegebedürftige spätestens zum 01.09.2022 noch einmal steigen, und zwar deutlich höher als durch die regelhafte Dynamisierung. Dass der Gesetzgeber dieser Forderung bisher eine Absage erteilt hat, ist für uns unverständlich.“

Und Kern schließt: „In allen Bereichen des Lebens und in allen Branchen steigen die Kosten und die Dienstleistungen und Produkte werden entsprechend teurer. Nur in der Pflege werden steigende Kosten nicht umfassend abgedeckt, weil viele Betroffene auf notwendige Leistungen verzichten, um keinen Eigenbetrag leisten zu müssen. Am Ende dieser Reform sind also wieder einmal die Pflegebedürftigen die Leidtragenden und das ist aus unserer Sicht nicht tragbar!“

Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V. mit seinem Hauptsitz in Essen wurde 1988 gegründet. Er vertritt die Interessen von bundesweit über 1.200 zumeist privat geführten Pflegediensten und -einrichtungen und stellt damit einen der großen Leistungserbringerverbände in der Wachstumsbranche Pflege und Betreuung dar. Ziel seiner Arbeit ist es, die Qualität und die Bedingungen der Leistungserbringung der ambulanten und stationären Pflege zu verbessern: und zwar gleichermaßen für die Unternehmen, die Pflegenden und die Pflegebedürftigen. Der bad e. V. mit seinen Landesorganisationen führt Verhandlungen unter anderem zu Vergütungsbedingungen für Pflegedienste und Pflegesätze für Heime. Der bad e. V. ist in den wichtigen Beratungsgremien in Berlin vertreten und wird zu Änderungen pflegerelevanter Gesetze angehört. Zudem müssen die Landesorganisationen zu geplanten Landesgesetzen und -vorschriften gehört werden. Diese haben seit der Föderalismusreform im Pflegebereich erheblich an Bedeutung gewonnen.

Kontakt
Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V.
Andrea Kapp, RA‘in
Bundesgeschäftsführerin, Qualitätsbeauftragte (TÜV)
Zweigertstr. 50
45130 Essen
Tel: 0201/354001
a.kapp@bad-ev.de